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Kennenlernen mit Wundertüten. Mareike Maeggi tritt ihre neue Pfarrstelle an.

Pfarrerin Mareike Maeggi

Eine neue Pfarrstelle antreten, ohne persönliche Kontakte zur Gemeinde aufnehmen zu dürfen: In dieser Situation fand sich Mareike Maeggi. Mit Phantasie und Offenheit für digitale Lösungen hat sie die Herausforderung akzeptiert. „Liebe Familien, nehmt euch gern eine Tüte mit“, lud ein buntes Plakat ein, das an einer Wäscheleine vor dem Tersteegenhaus aushing. Einige Tage lang schaukelte es dort im Wind, zusammen mit etwa 60 Briefumschlägen. Ebenso viele hingen auf einer ähnlichen Leine vor der Johanneskirche. Jeden von ihnen hatte Mareike Maeggi (35) von Hand beschriftet als „Wundertüte für Familien“. Einige malte ihre Tochter zusätzlich an.

 

 

Wundertüten für Familien

„Ich wollte den Eltern sagen: Ihr seid großartig! Ja, momentan ist vieles chaotisch und es sind anstrengende Monate – aber euer Einsatz bleibt nicht unbemerkt“, erklärt Maeggi, seit dem 11. Februar Gemeindepfarrerin in Sülz und Klettenberg. So kam ihr die Idee, ein „Survival-Kit“ für Familien auszuhängen. Was aber sollte darin enthalten sein? Bei dieser Entscheidung zog sie über das Netzwerk Twitter Kolleginnen und Kollegen zurate. „Wir haben die Idee hin- und hergespielt. Der Tenor war schnell klar: Es musste sowohl für Eltern als auch für Kinder etwas darin geben.“ Zu der Frage, was Eltern in diesen Zeiten besonders brauchen, ergab eine lange Diskussion: Zuspruch, Kraft und Kaffee.

Mini-Andacht zum Instant-Eiskaffee

In ihre Wundertüten steckte die junge Pfarrerin daher jeweils einen Brief an Eltern und einen an Kinder, ein Ausmalbild, eine Postkarte zum Verschicken, eine Auswahl von Blumensamen, Seifenblasen oder Straßenmalkreide – und einen kleinen Instant-Eiskaffee, an den sie seelsorgerlichen Zuspruch getackert hatte: „eine Mini-Andacht, gerade so lang, dass man sie bei einem Eiskaffee schafft, während die Kinder einmal fünf Minuten mit etwas anderem beschäftigt sind“, so Maeggis Gedanke. Eine Liste mit Notfalltelefonnummern lag außerdem dabei, denn, betont sie: „Es gibt Familien, in denen ist es jetzt nicht nur anstrengend, sondern auch gefährlich.“

Digitale Kirche: anregend und effizient, aber es bleiben auch Leerstellen

Die Aktion kam gut an. Per E-Mail und in sozialen Netzwerken erhielt sie Lob, einige steckten ihr auch dankbare Zettelbotschaften in den Briefkasten. Für Pfarrerin Maeggi waren die Wundertüten eine Möglichkeit, mit jener Gemeinde in Kontakt zu treten, die ihre ist – und trotzdem für sie bislang weitgehend unbekannt. „Zwischen meinem Dienstbeginn hier und Corona lagen drei, dreieinhalb Wochen“, berichtet sie. Diese Zeit reichte gerade einmal, um einer kleinen Auswahl von Gruppen innerhalb der Gemeinde einen ersten Besuch abzustatten und einen einzigen Gottesdienst im Tersteegenhaus zu feiern. Der Termin für die offizielle Einführung fiel bereits in die Zeit, als Gottesdienste verboten waren. Ein leichter Start war es also nicht. „In meiner ersten Zeit hier wollte ich viele Menschen kennenlernen; wollte hinhören was es gibt und heraushören, was noch zu gestalten wäre“, zählt sie auf. Nun kam es anders. Während ihre Kolleginnen und Kollegen vor der Aufgabe stehen, den Kontakt zur Gemeinde zu halten, heißt es für sie: „Wie kann ich den Kontakt überhaupt initiieren? Ich kenne ja noch nicht so viele und die Leute kennen mich nicht.“

Wünsche für die Zeit nach Corona

Vieles verlagert sich also in den Bereich des digitalen Austausches. Privat nutzt Mareike Maeggi diese Möglichkeiten schon länger und schätzt den Kontakt mit anderen, die sie „Personen aus der digitalen Kirche“ nennt. Unter anderem die Idee der Wundertüten erhielt ja über genau diesen Weg ihren Feinschliff. „Wenn es um Ideen, theologische Fragen oder auch um Befindlichkeiten geht, kann es sehr hilfreich sein, sich mit Menschen auszutauschen, die andere Sichtweisen haben, von anderswo kommen, aber mit denen man auch viel gemeinsam hat“, so die Erfahrung der Geistlichen. Auch könne eine digitale Lösung effizient sein – zum Beispiel, wenn auf diese Weise ein Kurs als Webinar belegt werden kann, den man vor Ort vielleicht nicht besucht hätte: So etwas würde sie sich auch nach Corona noch wünschen.

Digitale Treffen mit Konfirmandinnen und Konfirmanden

Selbst im Gemeindeleben können digitale Begegnungen gelingen. Kürzlich fand das erste Treffen der neuen Konfirmandinnen, Konfirmanden und ihrer Eltern als Videokonferenz statt. „Dieses Bild, als 26 Konfis mit ihren Eltern gleichzeitig zu sehen waren und alle lächelten und winkten – das war ein schöner Moment“, beschreibt sie. Das Mammutprojekt beginnt jedoch erst: „Die Herausforderung ist nun, wie wir unter diesen Bedingungen Inhalte vermitteln und ein Gruppengefühl erzeugen.“ Digitaler Austausch eröffnet Möglichkeiten. Aber, da ist sie sich sicher: „In mancher Hinsicht ist er auch defizitär und anstrengend.“ Deswegen freut sie sich am meisten darauf, nach dem Ende der jetzigen Einschränkungen den Menschen wieder näher kommen zu können: „Es ist ja ein wesentlicher Teil meines Berufes, dass Menschen mich ihr Leben begleiten lassen. Das ist mit Abstand schwierig. Die physische Nähe gehört einfach dazu.“

 

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Text: Johanna Tüntsch
Foto(s): Johanna Tüntsch/Stefan Rahmann

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